- Peirce
- Peirce[pəːs, 'pɪəs],1) Benjamin, amerikanischer Mathematiker, Astronom und Geodät, * Salem (Massachusetts) 4. 4. 1809, ✝ Cambridge (Massachusetts) 6. 10. 1880, Vater von 2); ab 1833 Professor der Mathematik, ab 1842 auch der Astronomie an der Harvard University; 1867-74 Superintendent der Küstenvermessung der USA. - Peirce revidierte 1849 den »American Nautical Almanac« und berechnete dafür die Mondtafeln. Seine astronomischen Arbeiten betrafen v. a. die Dynamik des Saturnrings sowie die Bahnen von Planeten und Kometen.2) Charles Sanders, amerikanischer Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler, * Cambridge (Massachusetts) 10. 9. 1839, ✝ Milford (Pennsylvania) 19. 4. 1914, Sohn von 1); Begründer der modernen Semiotik, der Relationenlogik und des Pragmatismus; Lehrtätigkeit in Boston, Cambridge (Massachusetts) und Baltimore (Maryland).Peirce entwickelte mit den Mitteln einer allgemeinen Zeichentheorie (Semiotik) eine wissenschaftstheoretisch konzipierte Philosophie, die auf mathematischen Modellen und logischer Grundlagenforschung basiert und unter kritischer Verarbeitung der Transzendentalphilosophie I. Kants einen Realismus vertritt, der sich v. a. an dem Theologen Francis Ellingwood Abbot (* 1836, ✝ 1903) und dem Scholastiker J. Duns Scotus orientiert. Peirce erstellte eine für seine Philosophie fundamentale Wissenschaftsklassifikation, die, ausgehend von der Mathematik, zu einer idealistischen Metaphysik der Evolution führt und letztlich in eine Religionsphilosophie mündet. Vor dem Hintergrund einer relationenlogisch konzipierten Kategorienlehre entwarf Peirce eine teleologische Kosmologie, die - in ihrem evolutionären Charakter am Darwinismus orientiert - absoluten Zufall (Tychismus) und sinnstiftendes Prinzip (Agapismus) in einer Lehre von der Realität als einem realen Kontinuum verbindet (Synechismus).Mathematisch trat Peirce besonders durch Überlegungen zur linearen assoziativen Algebra sowie mit einer Definition von »Ordinalzahl« und »Kardinalzahl« hervor. Zahlreiche Errungenschaften und Entdeckungen der modernen Mathematik, z. B. Überlegungen zur Verwendung unendlich kleiner Größen in der Beschreibung des Kontinuums, sowie der mathematischen und formalen Logik (z. B. die Modaltheorie einer dreiwertigen Logik und die logische Schlussform der Hypothesen bildenden Abduktion sowie die Quantoren) sind auf Peirce zurückzuführen; andere, z. B. zum Unendlichkeitstheorem und zur Axiomatik der natürlichen Zahlen, sind von ihm zeitgleich mit R. Dedekind, G. Cantor, P. Peano u. a. Mathematikern gemacht worden.Ausgaben: Lectures on pragmatism. Vorlesungen über Pragmatismus, herausgegeben von E. Walther (1973); The new elements of mathematics, herausgegeben von C. Eisele, 4 Bände (1976); Collected papers, herausgegeben von C. Hartshorne, 4 Bände (3-51978-80); Writings. A chronological edition, herausgegeben von M. H. Fisch, auf mehrere Bände berechnet (1982 folgende).Schriften zum Pragmatismus und Pragmatizismus, herausgegeben von K.-O. Apel (21976); Semiotische Schriften, herausgegeben und übersetzt von C. Kloesel u. a., 3 Bände (1986-93); Naturordnung und Zeichenprozeß. Schriften über Semiotik und Naturphilosophie, herausgegeben von H. Pape (1988); Religionsphilosophische Schriften, herausgegeben von H. Deuser (1995).E. Arroyabe: P. Eine Einf. in sein Denken (1982);C. Hookway: P. (London 1985);E. Walther: C. S. P. Leben u. Werk (1989).
Universal-Lexikon. 2012.